Making technology fly. Since 2001.
Die Datatrans Firmengeschichte hat Stoff für einen Netflix-Thriller: Ein gescheiterter Börsengang, rumänische Programmierer-Koryphäen, etliche Serverabstürze und am Ende der Satz: «Wenn ich gewusst hätte, was ich alles auf mich nehmen muss, ich würde es nicht nochmal machen.»
Trotz all dem Nervenkitzel investiert Datatrans auch nach zwanzig Jahren nicht in Filmregisseure, sondern in hochtalentiertes IT-Personal und beeindruckt vor allem mit einem: Bescheidenheit. Bescheidenheit und dem Wissen, dass vieles im Leben dem Zufall zu verdanken ist. Dass man hart für seinen Erfolg arbeiten muss, dass Verzicht eine der grossen Tugenden der Anfangsjahre war, aber auch, dass ein Grossteil des Erfolgs glücklichen Umständen zu verdanken ist. Oder wie Urs Kisling zusammenfasst:
Parat sein, das hat vor allem mit Arbeit zu tun. Mit voller Hingabe für ein Thema. Mit stoischem Weitermachen, auch wenn vier Monate kein Gehalt reinkommt. Parat sein heisst auch, die grossen Gelegenheiten beim Schopf zu packen. Auch wenn man dafür in Rekordzeit mit dem Töff von Zürich ins Mittelland rasen muss, um wenige Minuten vor der Deadline dem potenziellen Grosskunden seine Ausschreibungsunterlagen abzugeben, den Zuschlag zu bekommen und nach sechs Jahren endlich die Aussicht auf ein stabiles Einkommen zu haben.
Das Gründerteam mit Bettina Reimers, Hanspeter Maurer, Urs Kipfer, Massimo Della Calce, Silvia Filiberti und etwas später auch mit Urs Kisling lernt schnell, dass Glück und Leid nah beieinander liegen. Dass man zehnmal seine Kündigung auf den Tisch legen kann und trotzdem nach 20 Jahren noch dabei ist. Dass manche Menschen eben zusammengehören, weil sie sich ergänzen, auf dem gleichen Weg sind und an etwas arbeiten, das grösser als das eigene Streben ist.
Datatrans ist heute grösser als es sich die Gründerinnen und Gründer im Jahr 2001 je erträumt hätten. Anfangs waren sie noch bei einer Softwarefirma angestellt, die ihren Börsengang vorbereitete und dabei das Wichtigste aus den Augen verlor: ihre Kunden. Das Unternehmen ging daraufhin Konkurs, und eine erste grosse Lektion war gelernt: Die Kunden sind immer in den Mittelpunkt zu stellen.
Wenn man sie fragt, warum sie nach einem Konkurs mit «null Stutz in der Kasse» mitten in der Dotcom Krise direkt mit einer neuen Firma starteten, die sich mit den damals noch bedeutungslosen Online-Zahlungen beschäftigte, erwartet man eine ausgeklügelte Strategie. Stattdessen erhält man eine einfache Antwort: «Das war eine grosse Portion Naivität».
Hanspeter Maurer erinnert sich: «Wenn wir damals ein Beratungsunternehmen im Haus gehabt hätten, sie hätten uns alle von unserem Vorhaben abgeraten: Nicht realisierbar, illusorisch, naiv!».
Man kann es Naivität nennen oder gute Intuition: Denn Datatrans flog tatsächlich vom ersten Moment an. Zwar anfangs noch über unsicherem Boden, doch das junge Unternehmen nahm jedes Jahr an Flughöhe zu. Die ersten Jahre legten den Grundstein für das, was den Unternehmenserfolg heute noch ausmacht: Konzentration auf das Wesentliche. «Wenn du nicht weisst, ob du den nächsten Monat überlebst, musst du das machen, was die Situation von dir verlangt. Jeden Tag legten wir den Fokus auf das absolut Notwendigste», beschreibt Hanspeter Maurer die Anfangszeit. «Aufgeben war keine Option», ergänzt Urs Kisling, «Wir haben uns von morgens bis abends um Problemlösungen gekümmert. Da blieb keine Zeit zu überlegen, ob wir in den sicheren Hafen einer Festanstellung zurückwollten.»
Keine Zeit zum Aufgeben – das geht nur mit starker Verbundenheit, grosser Leidenschaft und dem Willen, täglich über den normalen Einsatz hinauszugehen. Aber das wäre den Gründerinnen und Gründern wahrscheinlich bereits zu viel des Lobs. Bescheiden spielen sie ihren Erfolg herunter: «Das Onlinegeschäft hatte damals noch keine grosse Bedeutung. Ausserdem gab es neben uns nicht viele Alternativen. Wenn wir einen Auftrag bekommen haben, dann wohl aus reiner Sympathie.»
Tatsächlich war E-Commerce vor 20 Jahren eine absolute Randerscheinung. Erste Firmen wie Swisscom, LeShop und Fleurop gaben externen Firmen den Auftrag, sich diesem Phänomen anzunehmen. Zaghaft stellten sie die Frage: «Ist das was für uns, dieses Internet?» So landeten die ersten Anfragen bei Datatrans. «Jeden Morgen bin ich von unserem Büro, das mitten im Zürcher Rotlichtviertel lag, zur Post gelaufen, um zu schauen, ob jemand einen neuen Vertrag bei uns abgeschlossen hat», sagt Hanspeter Maurer schmunzelnd.
«Oder wir leisteten uns einen besonderen Luxus, zum Beispiel eine Kaffeemaschine», erinnert sich Bettina Reimers.
Während Datatrans heute mal locker 125 Millionen Transaktionen pro Jahr abwickelt, waren damals ein paar Blumensträusse der absolute Belastungstest. «Fleurop machte am Valentinstag 50 Prozent seines Jahresumsatzes. Immer am 14. Februar zitterten wir, ob die Systeme den paar hundert online verkauften Sträussen standhalten würden», sagt Hanspeter Maurer, als würde er es selbst kaum noch glauben können. «Statt wie heute in Hochsicherheitszentren, stand unser Server damals im eigenen Serverraum, der im Notfall mit unserer mobilen Klimaanlage gekühlt wurde. Serverabstürze waren keine Seltenheit. Daraus haben wir viel gelernt.»
Was sich wie eine steinzeitliche Flintstone-Episode anhört, ist nicht mal zwanzig Jahre her und zeigt vor allem die Flughöhe, die Datatrans bis heute überwunden hat. Die grosse Wende kam 2006. Sicherheitsanforderungen wurden immer anspruchsvoller. Als Kreditkartendaten nicht mehr direkt zu den Kunden geschickt werden durften, stand der nach Rumänien ausgewanderte Chefprogrammierer kurz vor dem Ende. Aber auch hier machte Datatrans aus einer Grenzerfahrung eine Tugend und entwickelte als erster Payment Provider weltweit den berühmten Alias, der als Grundlage für die heutige Tokenisierung gilt.
Mit dieser Lösung erhielt Datatrans am 6. 6. 2006 die erste PCI Sicherheitszertifizierung und öffnete sich damit die Tore in die projektbezogene Welt von Grosskunden. Die Hummel wusste endlich, dass sie fliegen kann. Der Rest ist Geschichte.